Vollzugsfragen zur ABA-VwV
Unter dem 01.03.2024 hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) einen lang ersehnten Fragen-Antwort-Katalog zu Einzelfragen des Vollzugs der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Abfallbehandlungsanlagen (ABA-VwV) vorgelegt und am 12.04.2024 veröffentlicht. Mit der ABA-VwV erfolgt die Umsetzung der immissionsschutzrechtlich relevanten Inhalte der BVT-Schlussfolgerungen Abfallbehandlung und Abfallverbrennung in Ergänzung der 2021 novellierten TA Luft.
Die ABA-VwV ist als Allgemeine Verwaltungsvorschrift eine verwaltungsinterne, an nachgeordnete Behörden und Amtsträger der Exekutive adressierte Regelung, die keine unmittelbare Außenwirkung für die Anlagenbetreiber entfaltet. Für eine unmittelbare Verpflichtung der Anlagenbetreiber bedarf es vielmehr zunächst eines entsprechenden hoheitlichen Handelns der zuständigen Behörde, z. B. durch Nebenbestimmungen in Neu- bzw. Änderungsgenehmigungen oder im Wege einer sog. nachträglichen Anordnung.
Belastend für betroffene Anlagenbetreiber sind insbesondere konkrete bauliche Anforderungen zur Staubminderung wie Einhausung und Kapselung der Behandlungsanlagen. Diese werden teilweise von zuständigen Behörden im Wege wortgleicher Wiedergabe der Nr. 5.4.8.11 b ABA-VwV apodiktisch gefordert.
Aus technischer Sicht kommen jedoch auch andere Staubminderungsmaßnahmen in Betracht, die ein gleichwertiges Umweltschutzniveau bieten. Auch in der BVT-Schlussfolgerung 14, deren nationaler Umsetzung die ABA-VwV dient, werden nicht nur exemplarisch Fälle genannt, in denen eine Einhausung oder Kapselung der Maschinen, Geräte, Einrichtungen oder Anlagenteile aus technischen Gründen nicht möglich ist, sondern vielmehr auch weitere alternativ mögliche Techniken zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen in die Luft festgehalten.
Nachdem nach der TA Luft die Abweichung von dort normierten (baulichen) Anforderungen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausdrücklich möglich ist und für die konkrete Anwendung der ABA-VwV durch hoheitliches Behördenhandeln nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ohnehin die Grundsätze des verhältnismäßigen Behördenhandelns zu beachten sind, dürfte wohl überwiegend mit Spannung erwartet worden sein, wie sich die LAI zur Zulässigkeit von im Vergleich zur Einhausung und Kapselung alternativen Staubminderungsmaßnahmen, etwa unter der Prämisse eines gleichwertigen Umweltschutzniveaus äußern würde.
Hinter diesen Erwartungen dürfte der Fragen-Antwortkatalog der LAI nun deutlich zurückgeblieben sein, hat dieser doch hinsichtlich der viel diskutierten Regelung unter Nr. 5.4.8.11b ABA-VwV neben Fragen zur korrekten Interpunktion lediglich die Anwendbarkeit spezieller Einzelregelungen aus der TA Luft zum Gegenstand. Aus hiesiger Sicht entscheidende Fragen – die bereits Diskussionsgegenstand einschlägiger Fachtagungen waren – zur Anwendbarkeit alternativer Staubminderungsmaßnahmen im Rahmen eines verhältnismäßigen Verwaltungsvollzugs lässt der Katalog jedoch unberücksichtigt. Ggf. besteht sogar die Gefahr, dass aus den eher allgemein formulierten Ausführungen des Katalogs der (Fehl-)Schluss gezogen wird, dass alternative Maßnahmen grundsätzlich unzulässig seien, was nach hiesiger Ansicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken unterliegt.
Die – insbesondere aus Sicht der Anlagenbetreiber – gewichtigen Fragen nach der Zulässigkeit alternativer Maßnahmen könnten in der Zukunft nunmehr stattdessen die Verwaltungsgerichte beschäftigen.
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Köln, 17.04.2024