Relativer Bestandsschutz
Für angeblich „heftige Kritik“ in der Windkraftbranche (vgl. F.A.Z. vom 22.12.2023, S. 18) sorgt zurzeit offenbar ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2023 (7 C 4.22).
Im Kern geht es bei der Entscheidung um die Zulässigkeit nachträglicher artenschutzrechtlicher Beschränkungen des Betriebs von nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigten Windenergieanlagen. Die Klägerin wandte sich in dem jetzt letztinstanzlich abgeschlossenen Verfahren ohne Erfolg gegen eine durch behördliche Anordnung erfolgte nachträgliche, aus Gründen des Artenschutzes angeblich gebotene zeitliche Beschränkung des Betriebs einer bestandskräftig genehmigten Windenergieanlage. Die Genehmigung enthielt keine Betriebsbeschränkungen zum Schutz von geschützten Arten, namentlich von Fledermäusen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist, wenig überraschend, zu dem Ergebnis gekommen, dass der Betrieb der Windenergieanlagen aufgrund der vorhandenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zweifelsfrei als rechtmäßig anzusehen sei. Dies gelte aber nur in den Grenzen der auf den Zeitpunkt der Genehmigung bezogenen Feststellungswirkung der Genehmigung. Aufgrund der Anknüpfung an den Genehmigungszeitpunkt, so das Bundesverwaltungsgericht in einer Pressemitteilung, erstrecke sich diese Feststellungswirkung aber gerade nicht auf nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage wie im vorliegenden Fall. Im Übrigen bewirke die streitige nachträgliche Anordnung auch keine (Teil-)Aufhebung der Genehmigung, für die wiederrum gesonderte rechtliche Voraussetzungen hätten beachtet werden müssen.
Damit bestätigt das Bundesverwaltungsgericht, dass auch für bestehende immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlagen – wenn überhaupt – lediglich ein „relativer Bestandsschutz“ besteht und auch bestehende Anlagen vor nachträglichen Anordnungen nach § 17 BImSchG etwa zur Umsetzung der TA Luft 2021 oder der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Abfallbehandlung (ABA-VwV) nicht geschützt sind. Im Einzelfall kann allenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder ein Fehler im Rahmen der nach § 17 BImSchG gebotenen Ermessensausübung eine nachträgliche Anordnung rechtswidrig erscheinen lassen.
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Köln, 19.07.2024