Ersatzbaustoffe und Abfallende
Nicht erst seit dem Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) am 01.08.2023, sondern bereits während der 16 Jahre andauernden Diskussion um diese Verordnung bzw. die Mantelverordnung steht die Frage nach der Beendigung der Abfalleigenschaft von mineralischen Ersatzbaustoffen (MEB) im Raum. Mit Datum vom 28.12.2023 hatte das zuständige Bundesministerium (BMUV) ein sog. Eckpunktepapier zu einer „Abfallende-Verordnung für bestimmte mineralische Ersatzbaustoffe“ vorgelegt, dem nunmehr ein inoffizieller Referentenentwurf einer solchen Verordnung (MinAbfallendeV) mit Bearbeitungsstand vom 08.10.2024 gefolgt ist.
Die Inhalte des Verordnungsentwurfs lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das Abfallende ist allein den höchstklassigen MEB (z.B. Recycling-Baustoffen der Klasse RC-1) vorbehalten. System- und möglicherweise verfassungswidrig schließt der Entwurf dagegen sämtliche anderen MEB vom Abfallende aus und dürfte damit eine behördliche Entscheidungspraxis begründen, die solchen MEB pauschal den Verlust der Abfalleigenschaft abspricht, ohne sich im Einzelnen mit den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 KrWG auseinanderzusetzen.
Solche höchstklassigen MEB verlieren nach dem Entwurf ihre Abfalleigenschaft, wenn
- der Erzeuger (!) der zu ihrer Herstellung erforderlichen Abfälle durch eigene Erklärung sowie Lichtbilder, Lagepläne etc. nachweist, dass diese bereits bei ihrem Anfall zum Einbau in technische Bauwerke oder zu gleichwertigen Zwecken geeignet waren und mit ihrem Anfall getrennt gesammelt und befördert wurden;
- der Betreiber der Aufbereitungslage das durch §§ 4 ff. bzw. §§ 14 ff. EBV vorgegebene System zur Qualitätssicherung (Eigen- und Fremdüberwachung, Einstufung, Beprobung) einhält und
- der Anlagenbetreiber oder sonstige Inverkehrbringer von MEB über deren Zusammensetzung sowie die Einzelheiten des Aufbereitungsvorgangs eine Konformitätserklärung abgibt.
Bei rechtlicher Betrachtung gibt nicht nur der Ausschluss „niederklassigerer“ MEB vom Erreichen des Abfallendes zu denken: Ob die Regelung des § 5 Abs. 1 KrWG für solche MEB im Verordnungswege gleichsam „außer Kraft gesetzt“ werden kann, ist rechtlich höchst zweifelhaft.
Nach dem Entwurf soll neben der in § 4 EBV geregelte Annahmekontrolle des Anlagenbetreibers nun auch der Abfallerzeuger Sichtungs-, Trennungs- und Nachweispflichten unterliegen. Damit steht eine „Verdoppelung“ des Bürokratieaufwands im Umgang mit MEB im Raum. Auch rechtlich erscheint diese Erweiterung der Pflichtenstellung des Abfallerzeugers fragwürdig: So sollen nach § 4 des Entwurfs mineralische Abfälle auf ihre Eignung hin gesichtet werden, ob sie einem Verwertungsverfahren zugeführt werden können, an dessen Ende sie bestenfalls ihre Abfalleigenschaft verlieren, obgleich die Sichtung von Abfällen nach der Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG) bereits ein Verwertungsverfahren ist. Der Entwurf setzt damit an vielen Stellen das um, was bereits aus dem o. g. Eckpunktepapier ersichtlich war und für einige Kritik aus der Praxis gesorgt hat.
Angesichts der zum großen Teil rechtlich äußerst fragwürdigen und praxisfernen Vorgaben dürfte die Diskussion um das Abfallende von MEB uneingeschränkt weitergehen.
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Köln, 16.12.2024