Erschütternd

Kürzlich hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem sog. Eilverfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage eine einerseits überraschende, aber vielleicht auch richtungsweisende Entscheidung gefällt.

Der Entscheidung lag eine Drittanfechtungsklage gegen einen Genehmigungsbescheid für eine Abfallbehandlungsanlage zugrunde. Das Gericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung § 6 Abs. 1 i.V.m. § 5 BImSchG ist. Danach ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Um diesen Nachweis zu führen, ist es gängige Praxis, ein Lärmgutachten und ggf. auch ein Staubgutachten vorzulegen, letzteres insbesondere dann, wenn es um die Behandlung von mineralischen Abfällen geht.

Soweit es um das Thema Erschütterungen geht, genügte es bislang regelmäßig, wenn dargelegt wird, dass entsprechende Anlagenteile und -komponenten, die ggf. zu Schwingungen neigen, vibrationsarm entsprechend dem Stand der Technik ausgeführt werden. Entgegen dieser bisherigen Praxis hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf klargestellt, dass solche allgemeinen Zusicherungen nicht ausreichend seien, da die Bewertung der Erheblichkeit von Belästigungen bzw. Nachteilen durch Erschütterungsimmissionen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes anhand von allgemein anerkannten Regeln der Technik oder von einzelfallbezogenen Gutachten vorzunehmen sei. Insoweit wird auf den sog. Erschütterungserlass u.a. des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalen vom 04.10.2018 verwiesen, der die entsprechenden Beurteilungsmaßstäbe der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) für anwendbar erklärt.

Damit werden jedenfalls durch eine solche Rechtsprechung, die allerdings noch keine Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht NRW erfahren hat, im Bezirk des Verwaltungsgerichts Düsseldorf neue Maßstäbe gesetzt, soweit es um die in einem Genehmigungsverfahren für Anlagen, die einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bedürfen, beizubringenden Gutachten geht. Die Vorlage eines Erschütterungsgutachtens muss somit bei bestimmten Anlagen, etwa bei Brecheranlagen, als obligatorisch angesehen werden, um diesbezügliche Rechtsrisiken bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Genehmigung auszuschließen. Allerdings muss auch die unmittelbare Inbezugnahme der insoweit einschlägigen DIN-Vorschriften den rechtlichen Anforderungen genügen, da diese jedenfalls eine (widerlegbare) Vermutung darstellen, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden.

In jedem Fall bleibt die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung zu beobachten, um einen möglichst reibungslosen Ablauf entsprechender Genehmigungsverfahren zu gewährleisten.

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Köln, 08.06.2020

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