Ein Jahr neues Mess- und Eichrecht
– Bilanz und Lösung –
Zum 01.01.2015 traten die neuen Regelungen zum Mess- und Eichrecht, namentlich das Gesetz über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt, ihre Verwendung und Eichung sowie über Fertigpackungen (Mess- und Eichgesetz – MessEG) vom 25.07.2013 und die Verordnung über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt sowie ihre Verwendung und Eichung (Mess- und Eichverordnung – MessEV) vom 11.12.2014 in Kraft. Die Neuerungen sind zwar vordergründig betrachtet überschaubar, haben es aber teilweise, was die Umsetzung in der Praxis angeht, in sich. Insbesondere die bußgeldbewehrte Pflicht zur Einhaltung der Vorgaben von MessEG/MessEV auch bei der Verwendung von Messwerten nach § 33 Abs. 1 MessEG, beispielsweise in Rechnungen, stellte viele Unternehmen im vergangenen Jahr vor eine große Herausforderung, ohne dass bislang alle Fragen geklärt sind.
Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:
Als weniger einschneidend stellen sich zunächst die Neuerungen im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen neuer Messgeräte und deren regelmäßige Eichung durch die Behörden dar. Aufgrund der nunmehr vorgesehenen verpflichtenden Konformitätserklärung durch die Hersteller der jeweiligen Messgeräte entfällt die bisherige Verpflichtung zur Ersteichung neuer Messgeräte. Dafür ist der Verwender des Messgeräts jedoch nunmehr anzeigepflichtig, sobald er ein neues oder erneuertes Messgerät verwendet, damit die zuständige Behörde die Einhaltung der Eichfristen überprüfen kann. Die erforderlichen Eichungen in regelmäßigen Abständen muss der Unternehmer rechtzeitig beantragen. Versäumt er es, den Antrag auf Eichung mindestens zehn Wochen vor Ablauf der jeweiligen Eichfrist bei der Behörde zu stellen, riskiert er ansonsten, dass er das betreffende Messgerät nach Ablauf der Eichfrist so lange nicht verwenden darf, wie die Behörde die Eichung nicht durchführt. Bei rechtzeitiger Antragstellung dagegen werden in solchen Fällen Messgeräte auch nach Ablauf der Eichfrist einem geeichten Gerät gleichgestellt.
Bereits bekannt aus den Vorgängerregelungen ist das Verbot der Unter- bzw. Überschreitung der jeweiligen Mindest- bzw. Höchstlast der verwendeten Messgeräte. Neu ist allerdings, dass § 26 Abs. 2 MessEV nunmehr ein Verbot der Verwendung dauerhaft gespeicherter Taragewichtswerte bei Fahrzeugwaagen vorsieht. Da Taragewichtswerte von Fahrzeugen beispielsweise je nach Betankung variieren können, schreibt die Verordnung verpflichtend vor, dass die entsprechenden Wägungen unmittelbar im Zusammenhang mit der Be- oder Entladung durchgeführt werden müssen. Dies bedeutet für den Unternehmer nicht nur einen zeitlichen Aufwand, sondern in vielen Fällen auch hohe Investitionskosten, wenn zur Umstrukturierung der Wiegeabläufe die Anschaffung einer weiteren Waage erforderlich wird.
Vor allem aber das eingangs erwähnte Verbot der Verwendung von Messwerten, die nicht unter Einsatz eines den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Messgerätes zustande gekommen sind, löst einen hohen Umstrukturierungsaufwand für die betroffenen Unternehmen aus. Aufgrund der starken Resonanz, die das Thema „Neues Mess- und Eichrecht“ in der Öffentlichkeit bisher hervorgerufen hat, sind viele Unternehmen zwar bereit, entsprechende Umstrukturierungen vorzunehmen, jedoch herrscht zum Teil große Unsicherheit, was nach den neuen Vorgaben (noch) zulässig ist, und was nicht. Die in der Entsorgungsbranche bisher gängige Praxis, für die Abrechnung mit einem Vertragspartner z. B. sogenannte Schüttgewichte als Pauschalen zu verwenden oder bestimmte gewichtsbezogene Pauschalabzüge für Feuchtigkeit bzw. Schmutzanhaftungen vorzunehmen, ist nach den neuen Regelungen jedenfalls problematisch, wenn nicht gar schlicht unzulässig. Zwar ist die diesbezügliche Vollzugspraxis der Länder, wohl teilweise aufgrund ausdrücklich festgelegter Umsetzungsfristen, teilweise (noch) aus Kulanz, bislang sehr zurückhaltend. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Beibehaltung der bisherigen Praxis zumindest im geschäftlichen Verkehr mit Kunden und/oder Lieferanten über kurz oder lang empfindlich hohe Bußgelder nach sich ziehen kann. Von der weiteren Verwendung gewichtsbezogener Pauschalwerte oder von Schüttgewichten, ist daher dringend abzuraten. Zwar nehmen Schüttgewichte regelmäßig Bezug auf bestimmte Volumeneinheiten, die auf den ersten Blick vom Anwendungsbereich des Mess- und Eichrechts ausgenommen sein könnten (vgl. hierzu Anlage 1 (zu § 2 Satz 2) MessEV). Ausgenommen von den Vorgaben des Mess- und Eichrechts sind im Bereich der Bestimmung des Volumens von Abfall- oder Bodenaushub jedoch lediglich „Maßverkörperungen in Form von Hohlmaßen“. Konkret gemeint sind damit beispielsweise im Bereich der Abfallentsorgung Container oder sonstige Behälter (z. B. 1.100 oder 240 Liter) und nicht generell die Verwendung von volumenbezogenen Maßeinheiten.
Statt der bislang grundsätzlich gewichtsabhängigen Pauschalpreise für Fraktionen, bei denen eine Unterschreitung der Mindestlast bzw. eine Überschreitung der Höchstlast der üblicherweise in einem Unternehmen bzw. bei dessen Kunden/Zulieferern verwendeten Waagen wahrscheinlich ist, sollten somit grundsätzlich Pauschalen vereinbart werden, die sich (unabhängig von der volumenbezogenen tatsächlichen Füllhöhe!) auf den jeweiligen Behälter-Typ beziehen. Eine ausdifferenzierte Staffelung nach Behältervolumen und jeweiliger Fraktion, die nur der Bezeichnung der jeweiligen Pauschale dient, ist hierbei zulässig.
Für viele Unternehmen bedeutet dies eine umfassende Umstellung ihres meist IT-gesteuerten Abrechnungswesens. Dass hierfür eine gewisse Umsetzungsfrist allein deshalb erforderlich ist, weil entsprechende Maßnahmen schlichtweg auch von den Anbietern einschlägiger IT-Systeme noch nicht umgesetzt wurden, dürfte offensichtlich auch den Vollzugsbehörden einleuchten. Wie lange die Behörden insoweit noch „stillhalten“, ist jedoch fraglich, zumal eine „Schonfrist“ von einem Jahr bereits verstrichen ist. Wer zu den Betroffenen gehört und bislang untätig war, sollte also spätestens jetzt entsprechende Vorsorge treffen.
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Köln, 13.01.2016